Die Regelung über die Zuständigkeit von Kreisen und kreisfreien Städten für Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe – darunter die Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege – ist mit der Landesverfassung NRW nicht vereinbar. Die einschlägige Bestimmung im nordrhein-westfälischen Ausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz verletzt das Recht auf kommunale Selbstverwaltung. Dies hat der Verfassungsgerichtshof NRW am 12. Oktober 2010 (Az. VerfGH NRW 12/09) entschieden und damit den Verfassungsbeschwerden von 17 kreisfreien Städten (Bielefeld, Bochum, Bonn, Dortmund, Düsseldorf, Gelsenkirchen, Herne, Köln, Krefeld, Leverkusen, Mönchengladbach, Mülheim a.d.R., Münster, Oberhausen, Remscheid, Solingen, Wuppertal) und von zwei Kreisen (Düren, Wesel) stattgegeben.
Die beanstandete Regelung verstößt gegen das landesverfassungsrechtlich verankerte Konnexitätsprinzip. Dieses Prinzip verpflichte den Landesgesetzgeber bei der Übertragung neuer oder der Veränderung bestehender kommunaler Aufgaben, gleichzeitig einen finanziellen Ausgleich für die entstehenden notwendigen, durchschnittlichen Ausgaben zu schaffen. Die Voraussetzungen für die Anwendung des Konnexitätsprinzips lagen hier vor. Die mit der angegriffenen Zuständigkeitsnorm bewirkte Aufgabenzuweisung in Kinder- und Jugendhilfeangelegenheiten ist eine Übertragung neuer Aufgaben, weil die Kreise und kreisfreien Städte erstmals durch eine landesgesetzliche Regelung zur Übernahme und Durchführung von Aufgaben in diesem Bereich verplichtet worden seien.
Darüber hinaus handelt es sich auch um den Fall einer konnexitätsrelevanten Veränderung bestehender Aufgaben. Im Zuge des Kinderförderungsgesetzes (KiföG), das den Landesgesetzgeber zu der Zuständigkeitsregelung veranlasst habe, ergäben sich für die Kreise und kreisfreien Städte signifikante Änderungen bei der kommunalen Aufgabenwahrnehmung. Insbesondere hätten sich die Vorgaben für den quantitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung erheblich erhöht. Die Änderungen führen zu einer wesentlichen finanziellen Belastung der Kreise und kreisfreien Städte. Die vor diesem Hintergrund erforderliche Bestimmung über die Deckung der mit der Aufgabenübertragung verbundenen kommunalen Kosten hat der Gesetzgeber aber nicht getroffen.
Autor: Matthias Möller-Meinecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht
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